Marketing
Es gibt gutes und weniger gutes Marketing.
Ein Interview mit Herbert Walter, dem früheren Chef der Dresdner Bank, in focus money 49/2009 (S. 10 ff.) veranlasst mich dazu, erneut auf diese Thematik einzugehen, nicht nur, weil endlich einmal ein hochrangiger Banker eingesteht, dass das Bankensystem versagt hat.
Besonders interessant fand ich die Ausführungen zum „Innenleben“ der Banken:
„Eine zentrale Einheit prüft die Produkte, die in den Verkauf kommen. Wie im Einzelhandel werden dann von der Zentrale bestimmte Produkte gelistet, die der Berater vor Ort verkaufen soll. Er bekommt dafür eine Seite mit den wichtigsten Bullet-Points und Informationsmaterial für das Verkaufsgespräch. Darauf muss er sich dann verlassen….. Es ist wie so oft: Die Produkte an sich sind gut und richtig. Aber am Schluss wurde – auch über falsche Provisionsanreize – schon mal Fragwürdiges verkauft.“ So Walter.
Was zeigt uns dies?
Im Grunde hätte der „kleine Berater“ vor Ort in der Filiale schon sehr viel Mut haben und seine Stelle aufs Spiel setzen müssen: Denn er (sie) hat den Kunden das angeboten, was ihm von der Zentrale vorgeschrieben wurde. Und er (sie) hat sich aufgrund der Marketingbroschüren darauf verlassen, dass die Produkte, die er verkauft, in Ordnung sind.
Damit manifestiert sich: Die Kundenberatung in den Banken geht nicht vom Kunden aus und der Berater hat wenig Freiraum, auf die Bedürfnisse des Kunden einzugehen. „Treiber“ sind die Produktvorgaben aus den Zentralen. Und diese „Zentralen“ haben die Chance gesehen, mit Lehman-Zertifikaten und anderen hochriskanten (Un-)Wertpapieren die Erträge zu steigern.
Ganz am Ende ist dann auch die extreme Arbeitsteilung im Gesamtsystem „Risikoentstehung – Verbriefung – Handel/Verkauf“ eine der Ursachen der Finanzkrise. Denn wenn viele beteiligt waren, will es am Ende keiner gewesen sein.
Die Schelte des Kunden bekommt der, der vielleicht am wenigsten dafür konnte und nicht den Mut hatte, sich ein eigenes Urteil zu bilden: Eben der „kleine Berater“ vor Ort in der Filiale. Denn der durfte im Zweifel dem Kunden gar nicht das anbieten, was dessen Profil entsprochen hätte.
Was stimmt da nicht? Eine ganze Menge, meint die DVAG: Profit vor Kundennutzen; Ertrag und Dividende vor Kundenzufriedenheit; Produkt vor Bedarf; Shareholder vor Stakeholder; kurzfristig vor langfristig… usw.